Byrd / Lehmann, Zitierfibel für Juristen, 2. Auflage, C.H. Beck u.a. 2016
Von Dr. jur. Michael Höhne, Frankfurt am Main
Es existieren nur wenige Fragestellungen, die für fast alle – zumindest angehende – Juristen (Studierende, Referendare, Rechtsanwälte, Richter usw.) relevant sind. Weil Juristen sehr viel schreiben und dabei ihre Niederschrift auf bereits ausgeführte Gedanken stützen (müssen), ist das Thema Zitieren für fast alle Juristen besonders relevant.
Auch wenn mittlerweile sehr viele Verlage und Zeitschriften eigene, weitgehend bindende Autoren- bzw. Redaktionsrichtlinien haben und auch Fakultäten und teilweise auch einzelne Professoren den Studierenden gewisse Zitierregeln und -richtlinien für Haus- und Themenarbeiten zur Verfügung stellen, ist es sinnvoll, abstrakt über – gewissermaßen – übergeordnete Zitierregeln zu informieren. Dieses Ziel verfolgen Byrdund Lehmann in dem hier behandelten Buch.
Zunächst ist dabei festzustellen, dass die Autoren nicht nur einen sehr weiten Begriff des Zitierens zugrunde legen, sondern nunmehr das Buch in der zweiten Auflage teilweise noch mehr in Richtung der Bücher zu Juristischer Arbeitstechnik (hierzu empfehlenswert etwa Putzke, Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben, 5. Aufl. 2014 und Schimmel, Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 12. Aufl. 2016) entwickeln.
Zwar ist es sicherlich sinnvoll, grundlegend festzuhalten, wie Rechtsvorschriften „zitiert“ werden (hierzu S. 71–85). Aber mit der Nachweisfunktion des rechtswissenschaftlichen Zitats hinsichtlich des „Stand[es] von Literatur und Rechtsprechung“ (S. 106) hat dies nichts zu tun. Möchte man trotzdem – streng genommen wohl eher im Rahmen eines Exkurses – über das „Zitieren“ von Rechtsvorschriften berichten, sollte man diesen Aspekt auch in den allgemeinen Hinweisen zum Zitieren (S. 106–116) und den Ausführungen zum Zitieren mit einer Fußnote (S. 117–125) aufnehmen, um etwa darauf hinzuweisen, dass Rechtsvorschriften als Nachweis möglichst nicht in einer Fußnote stehen sollten (dazu Höhne, JA 2014, 737 [740 f.] m.w.N. Auf Seite 52 des hier rezensierten Werkes wird dies auch nicht durchgeführt).
Das richtige Zitieren ist ein Teil aller Bücher zur juristischen Arbeitstechnik. Gleichwohl fragt sich, inwieweit manche Inhalte des vorliegenden Buches noch zu einer „Anleitung, wie man in juristischen Arbeiten richtig zitiert“, (S. 1) gehört. Die Ausführungen zum Literaturverzeichnis (S. 126–133) befinden sich sicherlich noch in einer Grauzone dessen, was sinnvoller Weise behandelt werden muss. Abkürzungen kommt hingegen ein deutlich zu großer Stellenwert zu: Neben Ausführungen zum Abkürzungsverzeichnis (S. 134–138) werden Abkürzungen erst systematisch und dann alphabetisch geordnet auf knapp 40 Seiten (S. 139–177) aufgeführt. Überhaupt keinen Bezug zum Zitieren haben die – in der neuen Auflage eingeführten – Beispiele eines Titelblatts für eine juristische Themenarbeit (S. 178) und eines Inhaltsverzeichnisses (S. 179).
Eine weitere Neuheit in der neuen Auflage stellen auch die Informationen zum Zitieren ausländischer Quellen dar (S. 91–97). Die Autoren schildern nachvollziehbar und präzise, wie man in Deutschland amerikanische, britische und französische Rechtsprechung, Gesetze sowie Literatur zitieren sollte. Für den deutschen Leser eher uninteressant dürften die landestypischen Besonderheiten des Zitierens in Österreich und der Schweiz (S. 98–103) sein. Gleichwohl ermöglichen sie Juristen aus diesen Ländern die sinnvolle Arbeit mit dem Buch.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Buch damit beworben wird, über Besonderheiten beim Zitieren von Online-Publikationen zu informieren (siehe www.beck-shop.de/bufh [Stand: 13.09.2016]), ist weniger als eine Seite zu dieser Thematik (S. 89 f.) recht wenig (diese Kritik wird schon in einer Rezension zur ersten Auflage geübt bei Bergmann/Sturm, NJW 2008, 742). Es existiert eine Vielzahl hierbei interessanter Fälle. Die Beispiele (auch noch im Beispiel eines Literaturverzeichnisses auf S. 180) beschränken sich jedoch auf Dokumente, die online verfügbar sind. Gut denkbar und lehrreich wären etwa Ausführungen zu Online-Kommentaren, nur bei juris oder BeckRS zu findende Urteile, Wikipedia (dazu lesenswert Schimmel, GS Manfred Wolf, 2011, 725 ff.) oder http://www.ssrn.com/en/. Gerade in diesen weiten Feldern wäre es für Leser wichtig gewesen, informiert zu werden über die sonst im Buch vermittelten „tatsächlichen Gewohnheiten […], die sich in Fachzeitschriften, Büchern, Gerichtsentscheidungen und universitären Übungen gebildet haben“ (S. 1).
Positiv hervorzuheben ist, dass auch die in den Beispielen genannten Quellen in der jeweils neuesten Auflage dargestellt werden. Aktuell und relevant sind auch die Ausführungen zum European Case Law Identifier (ECLI) beim Zitieren von Entscheidungen des EuGH (S. 60 f.).
Die Grundidee, ein umfassendes Werk über das Zitieren in der Rechtswissenschaft zu veröffentlichen, erscheint trotz der eingangs genannten Entwicklungen zu oftmals anderweitig präzise vorgegebenen Zitierregeln weiterhin überzeugend. In dem Kernbereich der Abbildung der Praxis des Zitierens leistet das Buch eine sehr überzeugende Arbeit. Hier fungiert es gleichermaßen als Möglichkeit, um sich grundlegend einzulesen, als auch als Nachschlagewerk bei Einzelfragen. Dass – sogar durch farbliche Abhebung – auf abweichende Zitierweisen in der Redaktionsrichtlinie der Verlage C.H.Beck/Franz Vahlen hingewiesen wird, erscheint für den Leser eher unnötig. Zumindest ohne eine Wertung dahingehend, ob die Zitierweise, die „weiter verbreitet“ ist, (Vorwort zur. 2. Auflage) oder diejenige aus der Redaktionsrichtlinie überzeugender sein soll, hat die Information über Abweichungen für Leser kaum einen Mehrwert.
Die große Stärke des Buches liegt in der Kürze und der Verständlichkeit. Nicht nur ist das Werk sehr handlich, sondern auch die Sätze sind kurz und präzise. Fast zu jeder Zitiermöglichkeit gibt es ein Beispiel und am Ende eines Abschnitts werden zusammenfassend konkrete Regeln definiert, anhand derer man sich ein besseres Zitierverhalten aneignen kann.