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Rezension: Kautelarjuristische Klausuren im Zivilrecht

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Sikora / Mayer, Kautelarjuristische Klausuren im Zivilrecht, 4. Auflage, Vahlen 2015

Von Carina Wollenweber, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Siegen



Das vorliegende Werk „Kautelarjuristische Klausuren im Zivilrecht“ von Dr. Markus Sikora und Dr. Andreas Mayer beschäftigt sich mit der Gestaltung von Verträgen und möchte den Leser näher an diese Kunst heranführen. Die 206 Seiten beinhalten zwei Teile: Der erste Teil stellt die Grundlagen der Vertragsgestaltung für Praxis und Klausur vor und besteht selbst aus vier Kapiteln (A – D). Der zweite Teil umfasst insgesamt acht Klausuren und bildet eindeutig den Schwerpunkt des Werkes.

Kapitel A stellt eine Einleitung in das Themengebiet dar. Erläutert werden u.a. die Bedeutung der Vertragsfreiheit und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Arbeitsweisen von Notar und Anwalt. Kapitel B beleuchtet die Zweckverwirklichung und Störfallvorsorge als primäre Ziele der Vertragsgestaltung. Des Weiteren werden z.B. häufig auftretende Zielkonflikte sowie der Einfluss von Steuer- und Sozialrecht vorgestellt. In Kapitel C werden dem Leser die Instrumente und der Prozess der Vertragsgestaltung näher gebracht. Behandelt werden z.B. Vertragsmuster und die Vertragstechnik, worunter auch die Sprache, der Aufbau und die Struktur zählen. Auffällig ist, dass sich der Prozess der Vertragsgestaltung in erster Linie an den Notar anlehnt. Dies erkennt der Leser u.a. daran, dass § 17 I BeurkG abgedruckt wurde und immer wieder Bezug zu diesem oder zu einem ähnlichen Gesetz genommen wird. Kapitel D stellt dar, wie der Leser mit kautelarjuristischen Klausuren umzugehen hat und welche Arten von diesen existieren (Rn. 109 – 111).

Die Fälle 1 – 4 stellen Anwaltsklausuren dar, während die Fälle 5 – 8 auf den Beruf des Notars zugeschnitten sind. Demnach werden ein repräsentativer Querschnitt und ein Einblick in besonders häufig anzutreffende Themenkomplexe gewährleistet (Rn. 120). Die Gliederung der Fälle ist sehr übersichtlich. Jedoch sind die Bestandteile der Klausuren nicht im Inhaltsverzeichnis zu finden. Jede Klausur beginnt mit der Schilderung des Sachverhalts und enthält einen Bearbeitervermerk, welcher dem Leser seine Aufgabe mitteilt. Anschließend folgen die Lösungshinweise, die wiederum unterteilt sind in eine Art Erläuterung („Vorbemerkung, Gestaltungsziele und Interessen“) sowie in die eigentliche Lösung.

Die vier Anwaltsklausuren sind identisch aufgebaut: Es ist bereits ein Vertragsentwurf vorhanden. Der Leser soll ermitteln, ob die Vertragsklauseln wirksam sind, den Vorstellungen der Parteien entsprechen und welchen Änderungsbedarf es gibt. Dabei wird jede Klausel bzw. falls vorhanden sogar jeder Absatz einzeln und der Reihe nach besprochen. Demnach ist die Vorgehensweise äußerst übersichtlich. Am Ende der Klausuren befindet sich jeweils ein neuer Formulierungsvorschlag, welcher die Fehler des ersten Versuchs behoben hat. Der Leser erkennt, wie der Vertrag aussehen könnte.

Die Themen der Anwaltsklausuren sind sehr abwechslungsreich. Der 1. Fall beinhaltet einen Kaufvertrag, bei welchem sowohl auf die Besonderheiten von Verbrauchern als auch von Kaufleuten eingegangen werden muss. Im 2. Fall wird ein Bauträgervertrag geschlossen. Hier spielen werk- und kaufvertragliche Elemente eine Rolle. Eine Kommanditgesellschaft soll im 3. Fall gegründet werden. Demnach ist ein Gesellschaftsvertrag zu kontrollieren. Der 4. Fall beschäftigt sich sowohl mit einem privaten als auch mit einem gewerblichen Mietvertrag.

Die Notarklausuren 5 und 6 bestehen aus Fragen, welche der Leser zu beantworten hat. Danach schließen sich auch hier die fertig formulierten Verträge an. Die Klausuren 7 und 8 beinhalten die Anfertigung eines Gutachtens sowie eines Vertragsentwurfs. Der 5. Fall beschäftigt sich mit einem Grundstückkaufvertrag, bei welchem u.a. auch das Recht der Minderjährigen und Erbrecht relevant ist. Im 6. Fall wird eine lebzeitige Vermögensübertragung beabsichtigt. Der 7. Fall handelt von einem Erbvertrag. Hier ist zu berücksichtigen, dass sowohl ein Ehegatte als auch Kinder vorhanden sind. Der 8. Fall befasst sich mit einem Ehevertrag. 

Besonders irreführend ist die Angabe auf dem Buchrücken: Dort wird davon gesprochen, dass in dem Werk zehn Klausuren vorhanden seien. Dies ist jedoch offensichtlich falsch, da es sich nur um acht Klausuren handelt. Dies sollte in der Nachfolgeauflage dringend verbessert werden. Ein Aufkleber auf dem Cover weist daraufhin, dass auf der Internetseite des Verlages eine aktualisierte Fassung der ersten Klausur vorhanden ist.

Im Adressatenkreis dieses Werkes sind in erster Linie Rechtsreferendare, Studenten mit einem Schwerpunkt in Vertragsgestaltung und junge Praktiker. Dass das vorliegende Werk auch zur Vorbereitung auf kautelarjuristische Klausuren verwendet werden kann, zeigen nicht nur Titel und die Fälle. Vielmehr handelt es sich hier um ein Buch im DIN A-4-Format mit extra breitem Rand für zahlreiche Anmerkungen, sodass es an ein Skript erinnert. Zudem werden praktische Klausurtipps gegeben, wie der Leser am besten vorgehen sollte.

Aufgrund der vorformulierten Klauseln muss immer wieder die Vereinbarkeit mit AGB-Recht überprüft werden. Gelungen sind die Exkurse, welche zwischenzeitlich dem Leser ein vertieftes Wissen vermitteln wollen. So verhält es sich z.B. bei beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäften (Rn. 115 – 119).

Die Anzahl an Fußnoten ist recht überschaubar. Häufig ist auch nur eine Quelle pro Fußnote vorhanden. Demnach steht es dem Leser auch frei, sich selbst weiterführende Literatur zur Vertiefung zu besorgen. Die vollständigen Fundstellen, sprich das Literaturverzeichnis, bilden zusammen mit dem Abkürzungsverzeichnis eine Einheit. Ein Stichwortverzeichnis ist nicht vorhanden. Es findet eine durchgehende Nummerierung der Randnummern statt. An einigen Stellen werden besonders relevante Begriffe durch Fettdruck hervorgehoben (z.B. Rn. 109 – 111, 122). 

Hinweise und Klausurtipps werden durch ein grau hinterlegtes Kästchen gekennzeichnet. Diese dienen der Vorbereitung ebenso wie die grobe Checkliste mit Fragen und Anforderungen an eine kautelarjuristische Klausur (Rn. 129). Auch erhält der Leser eine Empfehlung für den Aufbau einer Urkunde (Rn. 127 f.).

Fazit: Insgesamt wird ein sehr kleiner Einblick in die Vertragsgestaltung an sich geboten. Den Hauptteil bilden jedoch die Fälle. Es wird dringend angeraten, den Text des Buchrückens dahin gehend zu aktualisieren, dass nur acht anstatt der angegebenen zehn Fälle vorhanden sind, um die Leser nicht in die Irre zu führen. Dies ist besonders bedeutsam, da häufig genau dieser Text auch auf den Internetseiten vorzufinden ist, den sich die potentiellen Käufer vor Anschaffung des Werkes durchlesen. Ansonsten sind die Fälle geschickt ausgewählt und decken eine Vielzahl an Themengebieten ab. Durch die Aufteilung in Anwalts- und Notarklausuren kann sich der Leser auch gezielt die Unterschiede ansehen und auswählen, welche Art für ihn relevant ist. Nach der Durcharbeitung der Fälle wird er gut vorbereitet sein. Demnach kann das Werk dem interessierten Leser durchaus empfohlen werden.



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