Vygen / Joussen / Lang / Rasch, Bauverzögerung und Leistungsänderung, 7. Auflage, Werner 2015
Von RA Daniel Jansen, Köln
Hier wird ein sehr interessantes Werk vorgelegt, das sich den Spagat zwischen der Darstellung rechtlicher und baubetrieblicher Probleme und deren Lösungen zutraut und uneingeschränkt zu überzeugen weiß. Dass für diese Abdeckung eines praktisch hoch bedeutsamen fächerübergreifenden Spektrums Bedarf besteht, belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass dieses Werk bereits in siebter Auflage erscheint. Für den Erfolg sind zudem nicht zuletzt die in Fachkreisen bekannten und äußerst geschätzten Autoren verantwortlich, die dem Praktiker die so bedeutenden Zusammenhänge verständlich und im besten Sinne nutzbringend aufbereiten.
Die gleichberechtigte Bedeutung der baubetrieblichen neben der rechtlichen Darstellung kommt zunächst dadurch zum Ausdruck, dass beiden Themen etwa gleich viel Raum geboten wird.
Der erste – rechtliche – Teil führt mit einer pointierten Analyse der verschiedenen Bedeutungsansätze der Bauzeit (rechtliche und baubetriebliche aus Sicht je des Auftraggebers und Auftragnehmers) sowie Erläuterungen zu den Bauzeitregelungen in BGB und VOB über die diese ergänzende Vereinbarung von Ausführungsfristen in die rechtlichen Grundlagen der Bauzeit und der Vertragsgestaltung ein. Nach einer mit etlichen Beispielen angereicherten Erörterung von Vertragsstrafenregelungen insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen widmet sich das Werk dem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis der Bauzeit und Bauleistung. Hier lässt sich exemplarisch die ausgezeichnet strukturierte Gestaltung des Werks nachvollziehen. Es wird zunächst das Problem allgemein geschildert, hier, indem darauf verwiesen wird, dass es zwar eine Selbstverständlichkeit sei, dass eine Änderung der Bauleistung zumeist auch eine Anpassung der Bauzeit erfordere, dies aber in der Baupraxis häufig nicht hinreichend beachtet werde. Im Anschluss werden drohende nachteilige Folgen für alle am Bau Beteiligten nebst den konkreten Lösungsansätzen unter Berücksichtigung sowohl der höchstrichterlichen als auch der instanzgerichtlichen Rechtsprechung ausführlich erläutert. Dem Hinweis, dass zu erbringende Leistungen so vollständig und so eindeutig zu beschreiben sind, wie dies bei Vertragsschluss möglich ist, folgt die Anleitung wie dies z.B. über die konkrete Ausarbeitung verschiedener Arten der Leistungsbeschreibung erreicht werden kann.
In dem Kapitel Bauausführung und Bauzeit, dem Schwerpunkt der rechtlichen Ausarbeitungen, werden dem Leser zunächst die Ansprüche des Auftraggebers bei verzögerter Bauausführung erläutert, an die sich eine besonders argumentationsstarke Darstellung der nicht unwesentlich komplizierteren Ansprüche des Auftragnehmers auf Bauzeitverlängerung in Folge von Behinderungen und auf Vergütungsanpassungen bei Bauverzögerzungen in Folge von Leistungsänderungen anschließt. Beispielhaft wird hier auf den Streit um das Ankündigungserfordernis für den Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B Bezug genommen. Die Autoren stellen zunächst die herrschende Meinung dar, die eine solche Ankündigung nicht für erforderlich hält. Dem werden beachtliche Argumente entgegengehalten (Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift sowie systematische Vorteile, um unnötige Abgrenzungsstreitigkeiten zu Abs. 6 der Vorschrift zu vermeiden). Sodann wird jedoch wegen der überragenden Bedeutung der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung nicht lehrmeisterhaft versucht, den Leser von der Meinung der Autoren zu überzeugen, sondern pragmatisch auf die nun mal herrschende Rechtsprechung verwiesen und aufgezeigt, wie vorzugehen ist, um dieser gerecht zu werden (Bedeutung einer Vergütungsvereinbarung vor Ausführung der geänderten Leistung).
Der zweite Teil des Werkes, die Ausarbeitung der baubetrieblichen Probleme bei Bauverzögerungen und Leistungsänderungen folgt dem logisch durchdachten Prinzip des ersten Teils und stellt eine wahre Fundgrube für den beratenden Baujuristen dar. Ihm werden besonders eindringlich die Schwierigkeiten des Nachweises einer tatsächlich eingetretenen Verzögerung sowie die Berechnung eines Entschädigungsanspruchs nach § 642 BGB vor Augen geführt. Dieses durchaus haftungsträchtige Gebiet mag der umsichtige Anwalt vorzugsweise in enger Abstimmung mit einem Baubetriebler bearbeiten.
Abgerundet wird das Werk mit griffigen Beispielen für die Nachtragsausarbeitungen.
Dieses Werk hievt den baurechtlichen Praktiker auf ein besonderes und kenntnisreiches Niveau. Hiervon werden sowohl die Berater als auch seine Mandanten erheblich profitieren.