Lüddtke / Handjery / von Jeinsen, HöfeO – Höfeordnung mit Verfahrensordnung für Höfesachen, Kommentar, 11. Auflage, C.H. Beck 2015
Von RA Christian Stücke, FA für IT-Recht, FA für Verwaltungsrecht, Helmstedt
Die Höfeordnung – und mit dieser die korrespondierende Höfeverfahrensordnung – regeln das landwirtschaftliche Sondererbrecht in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit nur auf den ersten Blick überschaubar erscheinenden 25 Paragraphen. Kern sind Regelungen zum sog. Anerbenrecht. Ein Hof im Sinne der Höfeordnung soll geschlossen auf einen (wirtschaftsfähigen) Erben übergehen. So soll einer Zersplitterung der Betriebe aufgrund Erbfolge entgegengewirkt und letztlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestmöglich erhalten werden. Ein unbedeutendes und überkommenes, partikulares Gesetz? Keineswegs! Die Bedeutung der Höfeordnung ist unverändert, die geregelten Sachverhalte von regelmäßig großer wirtschaftlicher Tragweite. Zu Recht weisen die Kommentatoren zudem darauf hin, dass die bewährten Vorschriften des Höferechts durchaus eine Grundlage für die Diskussion eines eigenen, modernen Unternehmererbrechts bieten können.
„Die lang erwartete Neuauflage 2015 erstmals mit Kommentierung der HöfeVfO“, so die markante Werbebanderole auf dem in der bewährten „grauen Reihe“ des Beck-Verlages erschienenen Werk. In der Tat – die Vorauflage aus dem Jahre 2001 ist es mehr als wert gewesen, fortgeführt zu werden. Seinerzeit wurde „lediglich“ die Höfeordnung kommentiert. Die jetzt zusätzlich in den Band aufgenommene Neubearbeitung zur Höfeverfahrensordnung beruht auf einer noch länger zurückliegenden Kommentierung aus dem Jahr 1994. Schon an dieser Stelle sei die herausragende Arbeit beim Aufarbeiten insbesondere der zahlreichen, zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung hervorgehoben.
Die Verfasser liefern eine geschlossene Kommentierung des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts auf aktuellem Stand. Dabei nimmt naturgemäß die Kommentierung der Höfeordnung mit über 435 Seiten den größten Teil des Werkes in Anspruch. Auf knapp 100 Seiten wird danach die Höfeverfahrensordnung kommentiert. Abgerundet wird das Werk durch einen erfreulich umfassenden Anhang, in dem Texte und Materialien zum Höfe-, Anerben- und Altenteilsrecht bezogen auf das gesamte Bundesgebiet wiedergegeben werden. Fast schon selbstverständlich bei Kommentarwerken das umfangreiche, detaillierte Sachverzeichnis.
Die Kommentierung gelingt hervorragend. Dabei haben die Verfasser erfreulicherweise nicht lediglich „eine“ Blickrichtung – die eines Richters, die eines Anwaltes oder Notars oder die eines Verbandsjuristen im Fokus, sondern kommentieren gleichsam ausgeglichen. So profitieren alle genannten Berufsgruppen gleich. Auch ist die Tiefe der Kommentierung bemerkenswert. So wird allein der Begriff des Hofes anhand der zugegebenermaßen nicht einfachen und kurzen Regelung des § 1 HöfeO auf über 80 Seiten kommentiert. Die Kommentierung erschöpft sich auch nicht in einer bloßen Übernahme und Kommentierung der Rechtsprechung, sondern führt an die jeweils behandelten Problemstellungen ausführlich heran. So wird das notwendige Verständnis für die Rechtslage auch bei den Juristen gefördert, die nicht täglich mit höferechtlichen Problemen zu tun haben. Zusätzlich erhalten die Rechtsanwender wertvolle Arbeitshilfen für die tägliche Praxis, abgerundet insbesondere durch den Anhang zum Gesetz mit der gelungenen Zusammenstellung der Regelungswerke. Gut gelingt durch den gesamten Werkteil hindurch die vergleichende Bezugnahme auf das Erbrecht des BGB, um die bestehenden Unterschiede – z.B. im Rahmen der Erbfolgeregelung (§§ 4 und 5 HöfeO) oder der Testierfreiheit (§ 16 HöfeO) – hervorzuheben. Die zahlreichen Verweise auf aktuelle Rechtsprechung erleichtern einen noch tieferen Einstieg in die Materie. Der Fußnotenapparat deckt dabei das Spektrum der Rechtsprechung insbesondere der Obergerichte und des BGH seit 1948 bis Anfang 2015 ab. Auch die technologische Entwicklung, die natürlich nicht an der Landwirtschaft vorbeigeht, findet ihren Platz. So wird die Wirtschaftsfähigkeit eines Prätendenten nicht allein unter dem Blickwinkel des reinen landwirtschaftlichen Ausbildungsstandes diskutiert, sondern auch die Beherrschung moderner EDV einbezogen (zu § 6 HöfeO).
Die Kommentierung der Höfeordnung lässt insgesamt keine Schwächen erkennen. Dies setzt sich nahtlos in der Kommentierung der HöfeVfO fort. Auch hier finden sich äußerst gelungene Gegenüberstellungen des allgemeinen Prozessrechts zur Höfeverfahrensordnung, etwa im Wege einer Synopse der Verfahrensmaximen, so wie zu § 1 HöfeVfO kommentiert. In seiner Vollständigkeit ist dieser Teil des Werkes für das höferechtliche Verfahren geradezu unentbehrlich. Dabei bleibt es nicht allein bei der Kommentierung. Für die Praxis finden sich sogar Muster (z.B. Mitteilung an Eigentümer über ein von Amts wegen betriebenes Löschungsersuchen nach § 8 HöfeVfO), welche ungemein wertvoll für die Arbeit der Gerichte sind.
Der Abdruck der in den Bundesländern geltenden Regelungen zum Höferecht, zum Anerben- und Altenteilsrecht runden das Werk ab.
Der Kommentar setzt die schon hervorragende Vorauflage würdig fort. Sämtlichen Juristen, die sich mit höferechtlichen Fragestellungen beschäftigen, ist er ohne jede Einschränkung zu empfehlen.